Was ist eine Nahrungsmittelunverträglichkeit
Während echte Allergien gegen Nahrungsmittel selten vorkommen,
sind Nahrungsmittelunverträglichkeiten im Steigen. Der klassische Allergietest bleibt daher bei den Nahrungsmitteln oft negativ. Dies, obwohl der Betroffene in der Anamnese, bei bestimmten Lebensmitteln Allergie ähnliche Symptome angibt. Bei einem negativem Allergietest sind genau diese Symptome, oft der Hinweis auf eine mögliche Nahrungsmittelunverträglichkeit. Diese wird auch häufig als „Pseudoallergie“ bezeichnet. Denn im Gegensatz zur „echten“ Allergie, handelt es sich nicht um eine Reaktion des Immunsystems. Hinter Unverträglichkeiten stecken vielmehr meist eine Verwertungsstörung von Nahrungsinhaltsstoffen.
Diese können zum Beispiel durch mangelnde oder fehlerhafte Enzyme oder Transportproteine im Körper ausgelöst werden. Das Ergebnis ist: Die Nahrung kann nicht richtig verdaut werden – Haut und Darm reagieren mit Entzündungsprozessen. Die häufigsten Formen von Unverträglichkeiten/Intoleranzen bestehen gegen Laktose, Fruktose und Histamin oder seltener gegen Gluten/Gliadin.
Fakt ist: Unverträglichkeiten sind – ähnlich wie zum Beispiel die Pollenallergien – massiv im Steigen. Insbesondere in den letzten Jahren wurde daher sehr viel geforscht über den Zusammenhang von Darm und Haut. Es konnte eindeutig nachgewiesen werden, dass Ernährung/Darmflora bei chronischen Hautkrankheiten wie zum Beispiel Neurodermitis eine große Rolle spielen.
Darmflora und Neurodermitis
Was viele nicht wissen: Hauterkrankungen stehen oft in sehr engem Zusammenhang mit Veränderungen der natürlichen Darmflora. In wissenschaftlichen Untersuchungen hat man festgestellt, dass bei Patienten mit chronischen Hauterkrankungen wie Akne, Neurodermitis und Schuppenflechte oft eine Dysbiose besteht:
Bei Neurodermitis (sog. atopische Dermatitis) handelt es sich um eine Fehlreaktion des Immunsystems, wobei dieses sich gegen harmlose Fremdstoffe richtet. Oft besteht eine erbliche Veranlagung. Ob diese letztendlich zum Ausbruch der Erkrankung führt, hängt offenbar auch von unserer Darmflora ab. Forscher haben die Darmflora von Babys untersucht. Tatsächlich stellte sich später heraus: Den Neurodermitikern mangelte es bereits in den ersten Lebensmonaten an „guten“ Darmbakterien wie Laktobazillen und Bifidobakterien. Stattdessen breiteten sich in ihrem Darm schon früh „schlechte“ Keime wie Clostridien, Escherichia Coli und Staphylokokken aus.
Gut zu wissen: Die aktuelle Studienlage deutet außerdem darauf hin, dass die Einnahme von Probiotika der Entstehung von Neurodermitis entgegenwirken könnte.
Symptome bei Nahrungsmittelunverträglichkeiten
- Verdauungstrakt: Ständiges Völlegefühl, Sodbrennen, häufige Blähungen, Krämpfe, Durchfall oder Verstopfung können bei diversen Unverträglichkeiten auftreten.
- Haut: Viele Studien zeigen, dass gerade bei chronischen Hautkrankheiten wie chronische Ekzeme, Neurodermitis, Schuppenflechte oder Urtikaria eine Ernährungsumstellung bei Nahrungsmittelunverträglichkeiten zu einer deutlichen Verbesserung führt.
- Körperliche Probleme: Pseudoallergische Reaktionen auf Nahrungsmittel können auch zu körperlichen Problemen wie Migräne, Gelenksschmerzen, Übelkeit, Schwindel, Herzrasen sowie zu möglichen Verstärkungen von Entzündungsprozessen führen.
Diagnose bei Nahrungsmittelunverträglichkeiten
Nachdem der Allergietest bei der Lebensmittelunverträglichkeit negativ ist, werden oft Tests auf spezielle Immungloboline (Ig4 und Igg4 Tests) angeboten. Diese Tests sind jedoch diagnostisch oft nicht ausreichend und medizinisch nicht anerkannt.
Bei Verdacht auf eine Unverträglichkeit auf Laktose oder Fructose, kann man außerdem auf Kassenkosten, einen speziellen Atemtest zur weiteren Diagnose machen. Außerdem kann bei Lactoseintoleranz ein spezielles Enzym namens Lactase beim Abbau der Laktose helfen. Es ist in Apotheken und Reformhäusern leicht erhältlich. Obwohl es derzeit leider noch wenige Studien über den genauen Wirkungsgrad von Lactase gibt, geben viele Patienten damit eine Besserung an.
Häufige Lebensmittel & Verträglichkeit – Orientierungstabelle
| Kategorie | Lebensmittel / häufige Auslöser | Mögliche Symptome | Wichtig für die Diagnostik | Verträglichkeit verbessern |
| Milch | Milch, Frischkäse, Rahm | Bauchbeschwerden, selten Ekzem | Unterschied Laktoseintoleranz vs. Milcheiweißallergie | Fermentiert bevorzugen, laktosefrei, Laktase-Tabletten testen |
| Ei | Vor allem Eiweiß | Ekzem, Rötung (v. a. Kinder) | IgE-Allergie möglich, oft rückläufig | Gut durchgegart meist verträglicher |
| Weizen / Glutenhaltiges Getreide | Brot, Nudeln, Backwaren | Bauchbeschwerden, Müdigkeit, subjektive Hautverschlechterung möglich | 3 Diagnosen unterscheiden: Zöliakie / Weizenallergie / Glutensensitivität | Sauerteigbrot, lange Teigführung, Hafer & Hirse variieren |
| Histaminreiche Lebensmittel | Rotwein, Bier, gereifte Käse, Fischkonserven, Sauerkraut | Flush, Kopfschmerz, Juckreiz, Herzklopfen | Keine Laborwerte verlässlich → Beobachtung & kontrollierte Testung | Frisch kochen, klare Spirituosen statt Wein/Bier |
| Fruktose / Sorbit | Apfel, Birne, Mango, „light“ Produkte | Blähungen, Darmbeschwerden | Atemtest möglich | Dünsten, Backen, Kompott, Kombi mit Hafer/Reis |
| Nüsse | Cashew, Haselnuss, Walnuss, Erdnuss | Sofortreaktionen bis selten Anaphylaxie | IgE-Test, Provokation in Spezialambulanz | Einzelne Sorten einzeln testen |
| Tomate & Zitrus | Tomate, Saucen, Orange, Mandarine | Brennen, periorale Reizung | Meist Reizung, keine Allergie | Gekocht oft besser als roh |
Gluten – realer Trigger oder Modetrend
Das sagt die Wissenschaft:
- Zöliakie: Autoimmunreaktion → Gluten strikt lebenslang vermeiden.
- Weizenallergie: IgE-vermittelt → Meiden, Notfallplan.
- Nicht-Zöliakische Glutensensitivität: kein Allergietest, kein Blutmarker – Diagnose über Beobachtung + Wiedereinführungstest.
Vorgehen ohne Risiko:
- Nicht sofort glutenfrei starten → sonst Diagnostik verfälscht.
- Erst Ernährungstagebuch (3–4 Wochen) → Muster erkennen.
- Bei Verdacht: Bluttest auf Zöliakie vor Reduktion.
- 7–14 Tage Weizen reduzieren (nicht Null), dann Wiedereinführung und Haut/Juckreiz vergleichen.
Praktische Alternativen (sehr gut verträglich):
- Sauerteigbrot (lange Teigführung)
- Glutenfreier Hafer, Hirse, Buchweizen, Quinoa
- Dinkel/Kamut in kleinen Portionen testen
Ernährungstagebuch – wozu & wie
Ziel: Zusammenhänge zwischen Essen, Juckreiz, Hautzustand und Alltagsfaktoren sichtbar machen – Grundlage für gezielte (zeitlich begrenzte) Tests statt pauschaler Verbote.
So führst Sie es (mind. 3–4 Wochen):
- Jede Mahlzeit/Drink mit Uhrzeit, Menge, Marke/Zubereitung notieren.
- Haut & Juckreiz: 0–10-Skala 3× täglich (morgens/nachm./abends), plus sichtbare Ekzemareale.
- Begleitfaktoren: Stress/Schlaf, Sport/Schwitzen, Temperatur, Infekte, Menstruation, neue Kosmetik/Medikamente (inkl. Antihistaminika).
- Reaktionszeitraum markieren: Beschwerden oft 30 min bis 48 h; trenne sofortige Reaktionen (Minuten–Stunden, typisch bei Allergie) von verzögerten (Stunden–Tage). Wiley Online Library+1
- Nach 2–4 Wochen mit Dermatologie/Allergologie/Ernährungsberatung Muster prüfen und ggf. zeitlich begrenzte, überwachte Eliminations-/Provokationsphasen planen.
Täglich eintragen – am besten 3–4 Wochen.
Ziel: Zusammenhänge sichtbar machen.
| Datum | Uhrzeit & Mahlzeit | Lebensmittel (Zutaten + Zubereitung) | Hautzustand (0–10) | Juckreiz (0–10) | Bauch / Verdauung (0–10) | Stress/Schlaf/Belastung | Besonderheiten (z. B. Sport, Alkohol, Medikamente) |
Skalenhilfe:
0 = kein Problem • 10 = sehr stark / Schub
Tipp:
- Reaktionsfenster beachten: Beschwerden können 30 Minuten bis 48 Stunden nach dem Essen auftreten.
- Wenn ein Verdacht entsteht: erst dokumentieren, nicht sofort weglassen → sonst kein Vergleich möglich.
Häufige Patientenfragen
Hilft Ernährungsberatung – und was passiert dort?
Ja, strukturierte Beratung (Diätolog*in) hilft, Muster zu erkennen, Mängel zu vermeiden und realistische Tests/Provokationen zu planen – zeitlich begrenzt, evidenzbasiert, mit Tagebuch und klaren Zielen.
Feiern & Alkohol bei Neurodermitis?
Alkohol kann Juckreiz/Flush fördern; Rotwein/Bier sind histaminreicher. Besser: klare Spirituosen (z. B. Wodka/Gin) in kleinen Mengen, viel Wasser, salzarme Begleiter, keine „auf nüchternen Magen“-Partys. Antihistaminika „vorsorglich“ 1- 2 Stunden vor Beginn der Feier schlucken (nach Arztgespräch auf Rezept),
Wann muss ich zum Arzt?
- Sofortige Reaktionen (Min.–h) nach Essen: Quaddeln, Schwellung, Atemnot, Kreislauf → Notfall/144.
- Anhaltende Schübe, großflächiges Ekzem, Infektzeichen, Gewichts-/Wachstumsprobleme (Kinder), geplante Eliminationsdiäten, neue starke Beschwerden nach histaminreichen Speisen.
Histaminreaktion: Wann beginnen die Symptome – wie sehen sie aus?“
Nach histaminreichen Speisen/Drinks typischerweise 30 min bis wenige Stunden: Flush, Kopfschmerz, Juckreiz, Quaddeln, Magen-Darm-Beschwerden, Herzklopfen
Weiterführende Literatur über entzündungshemmende und Ekzemreduzierende Ernährung und Darmgesundheit:
Richtig essen bei Neurodermitis
